PFAS: Ewige Spuren im Schnee

PFAS: Ewige Spuren im Schnee

Die Schweiz steht als Synonym für eine strenge Umweltgesetzgebung und ein hohes Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge. Trotzdem entgeht sie der Kontamination durch synthetische Stoffe nicht. Sie ist vielmehr Spiegelbild eines systemischen Problems, das sich durch die gesamten Alpen zieht, von Frankreich bis Österreich.
Denn während Millionen Skibegeisterte Jahr für Jahr die Pisten genießen, bleibt das Unsichtbare zurück. Mikrogramm für Mikrogramm reibt sich Skiwachs von unseren Brettern ab, lagert sich im Schnee, in den Böden und schließlich im Wasser ab.

Unser Bedürfnis nach Erholung und technischer Perfektion hinterlässt Spuren im Ökosystem, oft viel nachhaltiger, als es zunächst erscheint.

Ewige Spuren im Schnee

Jahrzehntelang galten fluorhaltige Skiwachse als das Maß aller Dinge im Wintersport. Diese Wachse enthielten PFAS, eine sehr große Gruppe synthetischer organischer Verbindungen, bei denen Wasserstoff-Atome ganz oder teilweise durch Fluoratome ersetzt sind. Diese Stoffgruppe ist als „Ewigkeitschemikalien“ bekannt.

Diese Stoffe zerfallen praktisch nie. Einmal in der Umwelt, bleiben sie dort über Generationen. Sie gelten als leistungsstark, machen den Ski extrem wasser- und schmutzabweisend und ermöglichen hohe Geschwindigkeiten auf jedem Schnee.
Doch die Kehrseite ist gravierend. PFAS sind extrem langlebig, bioakkumulierend und können bereits in sehr geringen Mengen die Gesundheit beeinträchtigen. Forschungsergebnisse aus der Schweiz, Österreich und Deutschland zeigen, wie PFAS von der Piste über das Schmelzwasser ins Grundwasser gelangen.​ Sie belegen PFAS-Spuren in Forellen aus Bergseen, in Flussmuscheln, im Regen und sogar im Blut von Wildtieren. Einmal in Umlauf, lassen sich diese Stoffe kaum noch stoppen. Sie sind chemisch stabil, und bioakkumulierend, das heißt, sie reichern sich in Lebewesen an. Auch in uns!

Die gesundheitlichen Folgen können schwerwiegend sein. PFAS schaden dem menschlichen Körper, selbst in kleinsten Mengen. Chronische Belastung kann Entzündungen fördern und eine ganze Kaskade gesundheitlicher Effekte auslösen.

In Laboranalysen und Bevölkerungsstudien zeigen sich Zusammenhänge zu Leber- und Nierenschäden, oft verbunden mit erhöhten Cholesterinwerten, zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch chronische Gefäßentzündungen, Autoimmun- und Schilddrüsenerkrankungen, geschwächter Immunabwehr und geringerer Wirksamkeit von Impfungen sowie einem erhöhten Risiko für Nieren- und Hodenkrebs.

Besonders beunruhigend ist, dass diese Wirkungen bereits unterhalb der offiziellen Grenzwerte auftreten. Kinder, Schwangere und Kranke sind besonders gefährdet.
Daher reagierten internationale Verbände.

Seit der Saison 2023/2024 sind PFAS-haltige Wachse im Profisport verboten.

Altbestände kursieren jedoch weiter, besonders im Hobbysport.​

PEVA, der unsichtbare Nachfolger

Umweltbewusste Hersteller setzen nun auf fluorfreie Alternativen.
PEVA ist ein Copolymer aus Polyethylen und Vinylacetat, also ein nicht-fluoriertes, gummiartiges Kunststoffmaterial, das wissenschaftlich als gesundheitlich unbedenklich gilt.
Es ist nicht toxisch und zeigt keine hormonaktive Wirkung.

Doch PEVA ist ebenfalls persistent, bleibt wie Mikroplastik lange in der Umwelt, kann Schadstoffe binden und sich in Sedimenten anreichern. Das Bundesumweltministerium stuft PEVA deshalb als „potenziell ökologisch relevant“ ein. Die Risiken liegen hier weniger im Bereich der direkten Toxizität, sondern in der langfristigen Umweltakkumulation und den bisher wenig erforschten ökologischen Folgen.​

Was bleibt, ist eine vielschichtige Herausforderung: PFAS unterscheiden sich grundlegend von PEVA.
PFAS schädigen nachweislich Menschen und Ökosysteme und wurden deshalb verboten.   

PEVA gilt als ökologisch bedenklich und muss kritisch betrachtet werden, weil es als langlebiger Kunststoff neue Umweltprobleme schaffen wird. Es wird in der Umwelt ähnlich wie Mikroplastik nicht abgebaut, kann Schadstoffe binden und sich in Sedimenten anreichern. Es zeigt aber keine akute Toxizität oder hormonaktive Wirkung, wie den PFAS nachgewiesen ist.

Die Alpen erinnern uns daran, wie eng unser Komfort mit den natürlichen Kreisläufen verflochten ist.
Altbestände fluorhaltiger Wachse lassen sich vielerorts sicher entsorgen, moderne pflanzliche oder synthetisch unbedenkliche Produkte bieten mittlerweile fast gleichwertige Performance.
Auch wenn PFAS in Skiwachsen verboten ist, wird es in der Industrie in Feuerlöschschäumen, Kältemitteln, Verchromungsprozesse und in Verbraucherprodukten, wie atmungsaktiven, wasserabweisenden Outdoor-Textilien, Teppichen, Schuhen, Kochgeschirr mit Antihaftbeschichtung, Lebensmittelverpackungen, wie z.B. Backpapier und Fast-Food-Verpackungen weiterhin eingesetzt.

Es liegt an uns, als Nutzer und als Gesellschaft, die jeweiligen Risiken zu kennen und nicht nur mit jedem Skiurlaub, jeder Abfahrt, sondern auch mit jedem Einkauf eine reflektierte Entscheidung zu treffen.
Eine klare Kennzeichnungspflicht für PFAS wäre ein Schritt zu echter Transparenz.
Oder ist genau das politisch nicht gewollt?

Quellen:

The Forever Lobbying Project

PFAS restriction proposal

PFAS: Ewigkeitschemikalien sind fast überall

PFAS - per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen

Skiwachse als Eintragsweg für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in die Umwelt

 

 

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Kommentare (1)

  • Regina27. November 2025

    Hallo Thomas,
    mich treibt das Thema "PFAS" auch schon seit längerem um und besorgt mich sehr. In diesem Zusammenhang empfinde ich die Arbeit der Organisation "Giftfreie Zukunft" als sehr hilfreich und informativ:

    https://www.giftfreie-zukunft.org/

    https://static1.squarespace.com/static/5e1f2851738ae851cb6249c9/t/67052a07af9fd6208f1b46ed/1728391687893/Zivilgesellschaftliches_PFAS_Positionspapier.pdf

    Dies nur ergänzend zur Information.
    Viele Grüße
    Regina

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