Energiewende in der Stadt: Ist eine Hybridlösung die beste Option?

In Zeiten der voranschreitenden Energiewende entstehen zunehmend mehr effiziente und nachhaltige Lösungen für die dezentrale Stromerzeugung.
Besonders im urbanen Raum, wo Platz ein begrenztes Gut ist, stellt sich die Frage, wie wir vorhandene Flächen optimal nutzen können?

Warum eine Kombination aus Wind- und Solarenergie für die Energiewende sinnvoll ist

Die WindBox des französischen Start-ups Wind my Roof bietet hier wie das PowerNEST einen innovativen Ansatz, der Wind- und Solarenergie in einem kompakten Modul kombiniert. Doch wie steht es um die Serienproduktion dieser vielversprechenden Technologie?

Ein Blick auf Erfolge und Herausforderungen.

Die WindBox unterscheidet sich wie das PowerNEST grundlegend von konventionellen Windrädern. Mit ihrer horizontalen Turbine in einem kastenförmigen Gehäuse von etwa 1,60 Metern Höhe ist sie speziell für die Installation auf Flachdächern konzipiert. Sie kombiniert Windkraft mit Solarenergie durch integrierte Solarpanele auf der Oberseite. Etwa zwei Drittel der erzeugten Energie stammen aus Wind, ein Drittel aus Sonnenlicht.

Jedes Modul nimmt lediglich 4 Quadratmeter Fläche ein und kann maximal bis zu 2.500 kWh Strom pro Jahr erzeugen. Eine beeindruckende Flächeneffizienz wenn man bedenkt, dass ein durchschnittliches PV-Modul von 4 m² etwa 600-920 kWh pro Jahr erzeugen kann.
Mit maximal zwei Umdrehungen pro Sekunde arbeitet die Turbine zudem sehr leise, und die umhüllte Bauweise minimiert Gefahren für Vögel.

WindBox: Der Weg zur Serienproduktion

Die ersten Schritte in Richtung Serienproduktion sind vielversprechend. Die ersten acht WindBox-Module wurden in Zusammenarbeit mit SEGULA Technologies und deren Tochtergesellschaft SIMRA in Saint-Nazaire produziert. Dabei konnte die Produktionszeit bereits von anfänglich 10 auf nun 8 Stunden pro Modul reduziert werden, was die Fertigung eines Moduls pro Tag ermöglicht.

Seit Anfang 2022 sind die WindBox-Module auf dem Markt erhältlich und zeigen in ersten Installationen ihr Potenzial. Ein Beispiel ist eine Installation in Rouen (Frankreich), wo acht Module jährlich etwa 14.000 kWh Strom erzeugen. Diese Energie wird für die Beleuchtung und den Betrieb von Aufzügen in einem Wohngebäude genutzt und reduziert die Nebenkosten für die Mieter um etwa 50 Euro pro Haushalt jährlich.

In Bezug auf Klimaneutralität überzeugt die WindBox durch ihren geringen CO₂-Fußabdruck. Sie verursacht lediglich 25 g CO₂eq/kWh über 20 Jahre Betriebszeit.

Zum Vergleich: Der deutsche Strommix lag 2023 bei etwa 380 g CO₂/kWh und ist seitdem weiter gesunken. Im Jahr 2024 betrug er durchschnittlich 321 g CO₂eq/kWh, was die kontinuierliche Verbesserung in Richtung Klimaneutralität zeigt. Dennoch bleibt der CO₂-Fußabdruck der WindBox deutlich niedriger als der des allgemeinen Strommixes.

Ganzjährige Stromerzeugung als zentraler Vorteil

Ein wesentlicher Vorteil der hybriden Technologie ist die gleichmäßigere Stromerzeugung über das Jahr hinweg. Während Solarmodule hauptsächlich im Sommer produzieren, liefern Windkraftanlagen tendenziell im Winter mehr Strom.
In Hamburg erreicht eine reine Solaranlage (zwei Module mit je 375 Wp, insgesamt 750 Wp) eine jährliche Produktion von etwa 600-712 kWh, mit starken saisonalen Schwankungen. Eine WindBox-Installation hingegen erzeugt laut Herstellerangaben bis zu 2.500 kWh pro Jahr auf einer Fläche von 4 m². Diese hybride Lösung weist eine deutlich geringere Variabilität auf, da sich die Produktionsspitzen von Solar und Wind ausgleichen.

In Marseille würde die gleiche Solaranlage aufgrund der höheren Sonneneinstrahlung mehr Energie produzieren als in Hamburg. Das hybride System in Marseille dürfte entsprechend mehr Energie erzeugen als in Hamburg, wobei die genauen Zahlen von den lokalen Wind- und Sonnenbedingungen abhängen. Die Windenergie sorgt für eine stabilere Grundlast, während die Solarkomponente besonders im Sommer zusätzliche Spitzen liefert.

Es ist wichtig zu beachten, dass die tatsächliche Leistung von Faktoren wie Standort, Ausrichtung und lokalen Wetterbedingungen abhängt

Herausforderungen auf dem Weg zur Marktreife

Trotz der vielversprechenden Ansätze steht die WindBox noch vor einigen Hürden.

Die Kosten sind ein kritischer Faktor Mit etwa 6.500 Euro pro Stück ist ein Modul derzeit rund dreimal so teuer wie eine vergleichbare Photovoltaikanlage. Hinzu kommen hohe Transport- und Installationskosten aufgrund des Gewichts von 350 kg pro Modul.

Auch das Design wird aktuell überarbeitet, um die WindBox ästhetisch ansprechender zu gestalten und besser ins Stadtbild einzufügen. Farbvarianten sind ebenfalls in Planung.

Ein weiteres Hindernis ist der bisherige Vertrieb ausschließlich in Fünfer-Sets, was kleinere Projekte oder Einzelinstallationen erschwert. Für eine internationale Expansion, insbesondere in Länder wie Deutschland, wo der Energiemix noch stärker auf fossilen Brennstoffen basiert, sind zudem zusätzliche Ressourcen und Marktanpassungen erforderlich.

Zukunftsvisionen

Für die kommenden Jahre ist eine Produktionsserie von 100 Modulen in Vorbereitung, um zukünftige Projekte zu unterstützen und die Marktdurchdringung zu erhöhen. Die Skalierung könnte auch helfen, die Produktionskosten zu senken.

Kurzfristig (2025-2027) werden WindBoxen voraussichtlich hauptsächlich in Pilotprojekten wie öffentlichen Gebäuden oder Logistikzentren eingesetzt, um Langzeitdaten zu sammeln. Der Fokus liegt auf Kostensenkung und Designoptimierung.

Mittelfristig (2028-2030) könnte das System bei erfolgreicher Skalierung besonders im gewerblichen Sektor Fuß fassen. Ein prognostiziertes Wachstum des Marktes für Kleinwindanlagen auf 23,2 Mrd. USD bis 2032 würde die Nachfrage weiter ankurbeln.

Langfristige Risiken bestehen jedoch durch sinkende Solarpreise oder neue Konkurrenzprodukte. Entscheidend wird sein, ob die WindBox ihre Vorteile bei CO₂-Bilanz und Energiedichte pro Quadratmeter behaupten kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die WindBox als hybride Lösung für die urbane Energieerzeugung und somit für die Energiewende ein beachtliches Potenzial zeigt. Die ersten Erfolge in der Serienproduktion und bei Installationen stimmen positiv. Gleichzeitig müssen für eine breite Marktakzeptanz noch erhebliche Herausforderungen bewältigt werden. Dabei allem voran die hohen Kosten.

Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir jedoch Vielfalt bei den Technologien. Wind my Roof plädiert daher zu Recht dafür, ähnliche Förderprogramme für innovative hybride Lösungen zu schaffen, wie sie bereits für reine Solaranlagen existieren. Denn nur mit Flexibilität in Gesetzen und Vorschriften lässt sich die Energieselbstversorgung von Gebäuden zukunftsorientiert gestalten.

Die WindBox könnte zwar für Privathaushalte vorerst eine Nischenlösung bleiben, für Gewerbe und Kommunen bietet sie jedoch schon mittelfristig eine attraktive Option, um urbane Flächen energetisch optimal zu nutzen und so einen wertvollen Beitrag zur Energiewende zu leisten.

 Quellen:

https://www.windmyroof.com/en/2023/04/21/solaire-ou-eolien/#weglot_switcher

https://www.nowtricity.com/country/germany/

https://strom-report.com/photovoltaik/

https://www.segulatechnologies.com/de/neuigkeiten/segula-technologies-unterstuetzt-das-startup-wind-my-roof-bei-entwicklung-und-montage-eines-innovativen-hybridmoduls-zur-erzeugung-von-solar-und-windenergie/

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