Klimakommunikation: Sprache entscheidet über den Wandel

Destruktive Narrative sind erfolgreich

Populistische Kampagnen, die den Klimawandel verharmlosen oder gar leugnen, arbeiten nicht mit Differenzierung, sondern mit Vereinfachung.
Sie emotionalisieren die Debatte auf mit Begriffen wie „Klimadiktatur“ oder „Zerstörung der Volkswirtschaft“. Sie lassen komplexe Veränderungsprozesse wie die Energiewende als Bedrohung erscheinen.
Destruktive Narrative wirken, weil sie einfache Schuldige und klare Opfer konstruieren. Dem muss mit einer konstruktiven Gegenerzählung begegnet werden.
Zusammenhänge immer wieder erklären, Chancen betonen und Ängste ernst nehmen, ohne ihnen dabei nachzugeben.
Was die Narrative bewusst verschweigen, sind die Kosten des Nichthandelns.
Allein 2023 bezifferte die Munich Re die Schäden durch Extremwetter in Deutschland auf über 4 Milliarden Euro. Tendenz steigend. Der IPCC warnt davor, dass Versäumnisse heute exponentielle Folgen in den kommenden Jahrzehnten haben werden.

Klimadebatte als Weltbildkonflikt

Forschungen der Yale Law School zeigen, dass Menschen Informationen nicht rein rational bewerten, sondern durch das Prisma ihrer Werte und Gruppenzugehörigkeit.
Wer sich etwa einer individualistisch-libertären Weltanschauung verpflichtet fühlt, interpretiert Klimapolitik schnell als Eingriff in persönliche Freiheiten, unabhängig von der Faktenlage.
Bereits 2004 analysierte die Wissenschaftlerin Naomi Oreskes über 4.000 peer-reviewte Studien. Keine einzige sprach sich gegen den menschengemachten Klimawandel aus. Dennoch halten sich bis heute Narrative von angeblich natürlichen Ursachen oder einem „Schwindel“ der Eliten. Der Konflikt ist nicht empirisch, sondern kulturell.

Fakten überzeugen nicht automatisch

Wer nur nüchtern über CO₂-Emissionspfade spricht, erreicht oft genau das nicht, what so dringend nötig ist. Die Veränderung von Verhalten und Gewohnheiten.
Denn Menschen sind keine Rechenmaschinen. Sie fühlen, sie leben, sie lieben. Sie handeln nicht allein auf Grundlage von Zahlen, sondern aus dem, was ihnen im Leben wirklich wichtig ist, wie Familie, Sicherheit, Gerechtigkeit, Zugehörigkeit.
Die Klimapsychologin Renée Lertzman nennt das ein emotionales Dilemma. Viele Menschen verdrängen das Thema Klima nicht, weil es ihnen egal wäre, sondern weil sie sich überfordert fühlen. Schuld, Angst oder das Gefühl von Machtlosigkeit führen nicht zum Handeln, sondern lähmen.
Deshalb braucht es in der Klimakommunikation mehr als Informationen.
Es braucht Verbindung. Orte der Resonanz, in denen Menschen sich wiederfinden dürfen – mit ihren Fragen, Sorgen, Werten. In denen sie erfahren, Ich bin nicht allein. Ich kann etwas tun. Und es macht einen Unterschied. Genau dann beginnt echte Veränderung.

Menschen gewinnen, nicht belehren

Der Leitfaden CcTalK! Zeigt, wie das gelingen kann.
An erster Stelle steht, Menschen über das ansprechen, was ihnen wirklich wichtig ist. Über ihre Werte. Ihren Alltag. Ihre Rolle in der Gesellschaft.
Das erhöht nicht nur die Identifikation, sondern weckt auch Interesse an Veränderung, stärkt die Motivation und macht Mut zum Handeln.
Wie unterschiedlich Klimakommunikation wirken kann, zeigen die folgenden Beispiele jeweils im Vergleich von nicht gelungener zu konstruktiver Ansprache:
Typische Formulierung, die bedrohlich wirken | Alternative Botschaft konstruktiv formuliert
„Wenn wir jetzt nicht handeln, steht die Welt vor dem Kollaps.“ | „Je früher wir handeln, desto mehr Handlungsfreiheit behalten wir für eine lebenswerte Zukunft.“
„Dein Konsumverhalten ist klimaschädlich.“ | „Mit kleinen Entscheidungen wie Reparieren statt Wegwerfen kannst du direkt zum Klimaschutz beitragen.“
„Gas- und Strompreise werden explodieren, wenn du nichts änderst.“ | „Wer jetzt umstellt, kann langfristig Energie und Geld sparen und macht sich unabhängiger.“
„Die Politik muss endlich härter durchgreifen.“ | „Wenn wir gemeinsam ins Gespräch kommen, finden wir Lösungen, die wirtschaftlich und klimafreundlich sind.“
„Die Bevölkerung versteht die Dramatik nicht.“ | „Viele Menschen fragen sich: Was kann ich tun? Klimakommunikation muss genau da ansetzen.“
Klimakommunikation wirkt, wenn sie mit Handlungsmöglichkeiten aktiviert.

Kommunikation als Ermöglichung von Handeln

Entscheidend für die Wirksamkeit von Klimakommunikation ist, ob sie das Gefühl von Selbstwirksamkeit vermittelt.
Studien der Universität Kassel belegen, dass Menschen sich dann für den Klimaschutz engagieren, wenn sie sich als Teil der Lösung wahrnehmen.
Wenn sie also das Gefühl haben, ihr Handeln mache einen Unterschied.
Dieses Prinzip lässt sich auch in der Praxis nachweisen. Je konkreter und lebensnäher die Klimafolgen dargestellt werden, desto greifbarer wird das Thema. So wirkt etwa die regional belegbare Erwärmung der Nordsee um 1,3 °C seit 1960 nicht wie eine abstrakte Bedrohung, sondern wie eine erfahrbare Veränderung vor der eigenen Haustür.
Auch partizipative Ansätze wie kommunale Klimaprojekte oder Bürger:innenräte stärken die Identifikation mit dem Thema und schaffen Akzeptanz, weil sie Mitgestaltung ermöglichen. Besonders wirkungsvoll sind zudem positive Zukunftserzählungen.
Die Vorstellung einer lebenswerten, klimaneutralen Stadt mobilisiert deutlich mehr als bloße Krisenrhetorik.
Das Konzept des „Green Storytelling“ greift diesen Gedanken auf und übersetzt ihn in wirkmächtige Bilder. In Medienformaten wie dem Tatort Münster etwa wird klimafreundliches Verhalten selbstverständlich inszeniert, ohne pädagogischen Zeigefinger. Auch Produktionen wie Der Schwarm (ZDF), die ökologische Krisen in fiktionaler Form thematisieren, fördern ein tieferes Verständnis für Zusammenhänge und eröffnen neue Zugänge zur Auseinandersetzung mit der Klimakrise.

Klimawandel mit Sprache gestalten, statt zu spalten

Die Art, wie wir über Klimaschutz sprechen, ist keine Nebensache.
Sie ist strategisch entscheidend für die gesellschaftliche Transformationsfähigkeit.
Sie entscheidet mit darüber, ob Menschen blockieren oder mitgestalten, ob sie sich entziehen oder Verantwortung übernehmen.
Konstruktive Klimakommunikation schafft keine sofortige Harmonie, aber sie öffnet Räume, in denen gemeinsame Lösungen möglich werden.
Sie baut Brücken zwischen Fakten und Lebenswirklichkeiten, zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlicher Akzeptanz.
So behalten wir die Deutungshoheit über die notwendige Transformation und überlassen das Feld nicht jenen, die Ängste instrumentalisieren und Wandel blockieren.

Quellen:
Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) - European Commission
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1123807
https://www.congress.gov/116/meeting/house/109519/documents/HHRG-116-II13-20190522-SD005.pdf
https://www.klimawandelanpassung.at/newsletter/kwa-nl12/kwa-cctalk
https://moin-filmfoerderung.de/green-filming

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